So habe ich früher gelernt - so lerne ich noch heute

Anfangs Februar bin ich, gemeinsam mit rund 15 weiteren motivierten Lehrkräften, in eine Weiterbildung gestartet, die den klingenden Namen “Empower future learning” trägt. Im Zusammenhang mit dieser Weiterbildung erstellen wir ein persönliches Portfolio, in dem wir uns mit den Inhalten der Weiterbildung auseinandersetzen und unsere Fortschritte dokumentieren und reflektieren. Das scheint mir ein guter Moment zu sein, diesen Blog wieder zum Leben zu erwecken - was für ein passender Anlass, sollen wir uns doch gleich im ersten Auftrag mit den Erinnerungen an unsere Schulkarriere auseinandersetzen! - und dabei gleichzeitig meinen interessierten Kollegen* einen Einblick gewähren zu können. Zwei Fliegen auf einen Schlag, also.

Um sich mit der Zukunft zu beschäftigen können, ist es sicher sinnvoll, einen Blick in die Vergangenheit zu wagen. Wenn ich also an meine Schulzeit zurückdenke, dann erinnere ich mich in erster Linie an gewisse Lehrkräfte (an andere weniger) und an meine Gspänli. Und ich glaube auch, behaupten zu können, während grosser Teile meiner Schulkarriere mit Freude dabei gewesen zu sein. Natürlich gab es mühsame Momente, aber die müssen in der Unterzahl gewesen sein, sonst wäre es wohl kaum zu dieser Berufswahl gekommen. Die Frage, wie wir gelernt haben, kann ich aber nur situativ beantworten, in meinen Erinnerungen sind lediglich Momentaufnahmen hängen geblieben. Insgesamt glaube ich, dass ich zu einer Zeit in die Schule gegangen bin, in der einiges im Umbruch war. Während die älteren Semester noch relativ konservativ auf Frontalunterricht und tausendfache Repetition gesetzt haben, kam ich bei jüngeren und junggeblieben Lehrkräften durchaus auch in den Genuss von selbstorganisiertem Lernen und Projektarbeiten.

Die folgenden Abschnitte sind also nicht viel mehr als ein Versuch, aus meinen Erinnerungen gewisse Erkenntnisse abzuleiten.

Allem Anfang wohnt ein Zauber inne: Primarschule

Nun, ich kann mich erinnern, dass ich meine Kindergärtnerin und meine 1./2. Klasse-Lehrerin vergöttert habe. Sie waren jung, schön, motiviert, einfühlsam - zumindest in meiner Wahrnehmung. Ganz konkret erinnere ich mich aber nur noch an einen Ausflug an irgendein Fliessgewässer, wo wir Staumauern gebaut und ein Feuer gemacht haben. In der dritten und vierten Klasse gab es dann einen abrupten Wechsel. Nun galt es mehr oder weniger ernst und unser Lehrer hat vor allem “gutes Verhalten” belohnt. Ich glaube mich zu erinnern, in beiden Zeugnissen nur Bestnoten zu erhalten haben, nicht weil ich das leistungsmässig verdient hätte, sondern weil ich eine derjenigen war, die dem Lehrer Respekt entgegenbrachten und weil ich fleissig das gemacht habe, was gerade angesagt war. So wurde ich in einem Elterngespräch vom Lehrer sogar aufgefordert, guten Einfluss auf einen Jungen, den ich mochte, auszuüben, und ihn dazu zu bringen, seine Aufmerksamkeit mehr dem Unterricht und weniger allem anderen (also auch mir) zu widmen. Das war dann doch ein bisschen zuviel verlangt. Wie wir konkret die Buchstaben, das Schreiben und Lesen und Rechnen gelernt und geübt haben, kann ich nicht mehr abrufen - aber es scheint zumindest bei mir funktioniert zu haben.

Aufbruch zu neuen Ufern: Sekundarschule

Voci-Pauken im Französisch - Anschauungsunterricht mit Bananen in der Sexualkunde (das hiess wohl anders) und in den naturwissenschaftlichen Fächern - Scheitern im Handarbeiten. Meine ersten Erinnerungen an das entdeckende Lernen in Gruppen, aber auch an Projektarbeiten, stammen aus dieser Zeit. So sollten wir im Handarbeiten von einem Kleidungsstück, das wir mochten, ein Schnittmuster zeichnen und es anschliessend nachnähen. Ich habe das Original abgeben. Noch heute weiss ich nicht, wie man eine Nähmaschine bedient. Unser NMG-Lehrer hat uns einerseits vorgetanzt, dass die ersten Blätter von Keimlingen oft wechselständig stehen, unser aber auch immer wieder eingebläut, dass wir es so dann nicht ins Gymi schaffen würden. Dass wir als Abschluss der obligatorischen Schulzeit ein Konzert in der Turnhalle auf die Beine stellen durften, werde ich nie vergessen - noch heute kenne ich den Text von Britney Spears “Hit me baby, on more time” auswendig. Obwohl mir das dann später doch nicht mehr so viel gebracht hat. (Oder vielleicht doch? Ich glaube, meine veritablen Englischkenntnisse beruhen unter anderem auch auf dem Nachsingen von Songtexten).

Der Ernst des Lebens: Gymnasium

So viele neue Leute, so viele Fächer und Wahlmöglichkeiten! Der Start am Gymnasium hat mir die Möglichkeit gegeben, erstmals vermehrt auf meine Interessen zu setzen, weshalb ich mein Schwerpunktfach Bio/Chemie mit dem Wahlfach Geschichte und Politik kombiniert habe. Nun ging es darum, Zusammenhänge zu erkennen, selber in Praktika Hand anzulegen, im Literaturunterricht eigene Interpretationen zu wagen. Abgesehen vom ersten Jahr Geografie (“Ich heisse Hohl, bin es aber nicht”), wo wir vor allem gelernt haben, eine Wanderkarte korrekt wieder zusammenzufalten (auch das beherrsche ich bis heute nicht), erinnere ich mich mehrheitlich an abwechslungsreiche Unterrichtsstunden, in denen sehr oft auch eigene Interessen vertieft werden durften und das Pauken von Inhalten eher im Hintergrund stand. So auch bei der Maturarbeit: trotz dem naturwissenschaftlichen Schwerpunkt war es mir möglich, diese der baskischen ETA zu widmen. Und selbst der Mathematiklehrer hat es ab und an geschafft, sich von seiner mit kryptischen Zeichen bedeckten Wandtafel zu lösen und einen Zusammenhang zum echten Leben herzustellen. Ich musste aber auch zum ersten Mal merken, dass es ganz ohne Einsatz ausserhalb der gemeinsamen Lektionen nicht gehen würde und ich bei einigen Inhalten nicht nachvollziehen konnte, wozu ich die jemals wieder brauchen sollte. Zum Beispiel die schiefe Ebene, auf der ich mich im Physikunterricht befand, ein Gefälle, vor dem ich mich nur durch Auswendiglernen retten konnte, weil es mit Verstehen und Anwenden irgendwann nicht mehr geklappt hat.

Es fällt mir schwer, ein Fazit zu ziehen. Vielleicht dieses: Lernmethoden und deren Erfolg waren auch bei mir von den Inhalten und den Menschen, die sie unterrichtet haben, abhängig. Und auch wenn sich im Rückblick sicher vieles optimieren liesse, wurde ich insgesamt gut vorbereitet auf das, was ich im Studium, in der Arbeit und im Privatleben brauchte und brauche: dass Wissen und Können dann wertvoll ist, wenn man es anwenden kann, dass ich mir Freiräume für meine Interessen schaffe und dass ich auch mal auf die Zähne beissen kann, wenn es die Situation erfordert. Zum Beispiel, als ich im Germanistikstudium 100 Werke plus einen Gedichtband für eine Prüfung von mageren 5 ECTS lesen musste, in der ich dann Textstellen den richtigen Werken zuordnen musste. Ich habe es überlebt und lese trotzdem immer noch für mein Leben gern.


Titelbild: Klassenzimmer Schulhaus Bitzius Bern, copyright: Strasser Architekten (www.strasserarchitekten.ch)